01.10.2024
Arbeitsrecht
Kündigung eines Fraktionsmitarbeiters zum Ende der Legislaturperiode unwirksam
Dass die bisherige Fraktion durch eine neue ersetzt werde, rechtfertigt die Kündigung nicht
Das LAG München hat entschieden, dass die betriebsbedingte Kündigung eines Fraktionsmitarbeiters im bayerischen Landtag zum Ende der Legislaturperiode unwirksam ist.
Der Kläger war seit 2019 unbefristet bei der AFD-Fraktion im Bayerischen Landtag als Fraktionsmitarbeiter bzw. Referent für die Bereiche Bildung und Fragen des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Mit Schreiben vom 18.09.2023 erhielt er eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2023 mit der Begründung, dass sich die Fraktion mit dem Beginn der neuen Legislaturperiode ab dem 18.10.2023 auflöst (Grundsatz der Diskontinuität). Die Arbeitgeberin war der Auffassung, dass die Rechtslage bei inhaltlich gestaltend mitwirkenden Mitarbeitern in Presse und Medienanstalten oder bei kirchlichen Tendenzbetrieben vergleichbar ist und hat geltend gemacht, der Arbeitsplatz sei ersatzlos und dauerhaft weggefallen, da die bisherige Fraktion des bayerischen Landtags der 18. Legislaturperiode und deren Stellen nicht mehr existierten.
ArbG: Beschäftigungsbedarf weiter gegeben
Das Arbeitsgericht hatte der Kündigungsschutzklage wegen Fehlens der Prognose eines dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs stattgegeben. Die Mitgliederzahl der neuen Fraktion sei von 17 auf 32 gestiegen und der Bedarf an Arbeitskräften mindestens so groß, wie vorher. Dementsprechend seien Stellenanzeigen geschaltet und die bisherigen Mitarbeiter aufgefordert worden, sich neu zu bewerben. Der Arbeitsplatz des Klägers sei daher nicht weggefallen.
Zwar müsse eine Fraktion nach ihrer Neukonstituierung jeweils entscheiden können, von welchen wissenschaftlichen Mitarbeitern sie sich künftig beraten und in ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützen lassen wolle. Diesem verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Teilhaberecht sei aber durch die anerkannte Möglichkeit einer Befristung der Arbeitsverhältnisse eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, dessen Aufgabe darin bestehe, die Fraktion durch fachliche Beratung und politische Bewertung zu unterstützen, ausreichend Rechnung.
Ein Kündigungsgrund für die alte Fraktion bestehe aufgrund des Grundsatzes der Diskontinuität nicht. Allenfalls könne dieser zu der Möglichkeit einer personenbedingten Kündigung für die neugebildete Fraktion führen, wenn der Kläger ihren sachlichen und politischen Vorstellungen nicht entspreche und sie ihn für persönlich ungeeignet hält, um sie bei ihrer politischen Tätigkeit weiter zu unterstützen.
LAG: Abgemildertes Diskontinuitätsprinzip
Das LAG hat die Entscheidung im Ergebnis nun bestätigt. § 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Fraktionsgesetzes mildere das Prinzip der Diskontinuität ab: hiernach gelte die Fraktion über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags neu bildet. Davon war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auszugehen, so dass keine Prognose für den Wegfall des Arbeitsplatzes bestand und daher auch kein Kündigungsrecht für die bisherige Fraktion. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen für eine neu gebildete Fraktion Kündigungsmöglichkeiten in Betracht kommen könnten, war nicht zu entscheiden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landesarbeitsgericht München
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:26.09.2024
- Aktenzeichen:3 SLa 46/24
Quelle:Landesarbeitsgericht München, ra-online (pm/ab)