15.02.2008
Mietrecht
Vermieter kann Mietvertrag über Ladengeschäft bei unvollständigen Angaben über das zu verkaufende Warensortiment anfechten
Nicht angegebene "Thor Steinar" Bekleidung verkauft - Räumungsklage gegen Narvik-Shop im Hundertwasserhaus in Magdeburg erfolgreich
Der mit einem Mieter eines Ladenlokals geschlossene Mietvertrag kann durch den Vermieter angefochten werden, wenn der Mieter falsche oder unvollständige Angaben über das Warensortiment gemacht hat, das er verkaufen möchte. Dies hat das Landgericht Madgeburg entschieden.
In dem Rechtsstreit Siedlungswerk St. Gertrud Wohn- und Immobilien Service GmbH (Vermieter) gegen Uwe Meusel (Mieter), Inhaber des Ladenlokals "NARVIK" in der Grünen Zitadelle (Hunderwasserhaus) in Magdeburg, ist ein Urteil verkündet worden: Der Mieter wurde verurteilt, das Ladengeschäft im Hundertwasserhaus in Magdeburg zu räumen.
Ein Termin für die Räumung steht noch nicht fest. Eine etwaige Vollstreckung der Räumung müsste auch vom Vermieter gesondert beantragt und durchgeführt werden.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Vermieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung nach den §§ 123 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam angefochten.
Der Mieter hat gegenüber dem Vermieter Mitteilungspflichten verletzt. Der Mieter hat in seiner von ihm vorgelegten Sortimentliste nur unvollständige Angaben gemacht. Er hat in der Liste die Markenbezeichnung "Thor Steinar" nicht aufgeführt, obwohl nahezu ausschließlich Bekleidung dieser Marke verkauft werden sollte.
Die Information über den beabsichtigten Verkauf von "Thor Steinar" Artikeln war auch für den Vermieter eine relevante Information, die der Mieter mitteilen musste.
In der Öffentlichkeit wird die Marke mit einem Bezug zur rechtsradikalen Szene wahrgenommen und dies gilt unabhängig davon, ob die Marke tatsächlich nur von Szeneangehörigen getragen wird. Die verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in der Vergangenheit belasten die Marke in der allgemeinen Wertschätzung ebenfalls.
Damit wird auch die Wertschätzung und die Vermietbarkeit des Hundertwasserhauses gemindert (vgl. hierzu
Der Mieter wusste auch, dass der Vertrieb der Marke in einem schon aufgrund der äußeren Erscheinung ersichtlich städtebaulich relevanten Gebäude in zentraler (ansprechender) Lage, in dem sonst keine der Marke Thor Steinar vergleichbaren Marken angeboten werden, für die Entscheidung des Vermieters, ob an den Beklagten vermietet werden soll, Relevanz besitzt, weil dadurch die Vermietbarkeit der anderen Objekte an Dritte, die der nationalsozialistischen Ideologie fern stehen, erschwert und die Wertschätzung des Gewerbeobjekts in der überwiegend dementsprechend denkenden Öffentlichkeit herabgesetzt wird.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch später nach Vertragsschluss keine Bestätigung des Mietverhältnisses durch die Parteien erfolgt.
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Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
- Inhaber eines Ladengeschäfts darf Miete mindern, wenn im gleichen Gebäudekomplex ein Laden Bekleidung verkauft, die in der rechtsradikalen Szene sehr beliebt ist ( Landgericht Magdeburg Urteil [Aktenzeichen: 10 O 907/07] )
- "Thor Steinar"-Logo ist nicht strafbar nach § 86a StGB ( Oberlandesgericht Dresden Urteil [Aktenzeichen: 3 Ss 89/06, 3 Ss 375/06] )
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Nachinstanz:
- Ladeninhaber verschwieg bei Anmietung den beabsichtigten Verkauf von Waren aus der rechtsextremen Szene - Vermieter kann Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten ( Oberlandesgericht Naumburg Urteil [Aktenzeichen: 9 U 39/08] )
- Ladenmieter muss vor Anmietung den Vermieter über Verkauf von "Thor Steinar"-Bekleidung informieren ( Bundesgerichtshof Urteil [Aktenzeichen: XII ZR 192/08] )
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landgericht Magdeburg
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:13.02.2008
- Aktenzeichen:5 O 1879/07
Quelle:ra-online, LG Magdeburg